Das Fachwissen der Tabakgesellschaften im Bereich des Gesundheitsschutzes und das Schaffen von neuen Arbeitsplätzen können zu einem Verständnis im Falle von Gesundheitsrisiken beitragen, behauptet ein scheidender hoher Beamter von der Organisation der Vereinten Nationen (UNO)
Die Einstellung der UNO zum Gebrauch von Tabakprodukten ändert sich schrittweise seit Anfang des 21. Jahrhunderts. Die ausländischen Delegationen machen immer wieder ihr Hoheitsrecht geltend, in den Räumen ihrer Zentrale rauchen zu dürfen. Trotz einer wiederholten Bemühung des ehemaligen UNO-Generalsekretärs Kofi Annan gelang es nicht das absolute Rauchverbot ganz durchzusetzen. Für die bei der UNO arbeitenden Beamten ist das Rauchen innerhalb ihrer Zentrale in New York verboten. Viel wichtiger ist es jedoch, dass keine hochrangigen Funktionäre der Organisation offiziell an irgendeiner Zusammenarbeit und an Aktivitäten mit Vertretern der Tabakindustrie teilnehmen dürfen. Bedauerlicherweise betrifft es auch internationale Initiativen, die auf die Prävention oder die Folgen der mit Rauchen zusammenhängenden Krankheiten ausgerichtet sind.
Colum Lynch ein Reporter des globalen Magazins Foreign Policy informierte in seinem Artikel über die Initiative von Michael Moller, dem ehemaligen Büroleiter der UNO in Genf. An seinem letzten Arbeitstag in der Organisation richtete er einen Appell an den UNO-Generalsekretär António Guterres. Darin argumentiert er, dass es die höchste Zeit sei, das Moratorium, dass die Zusammenarbeit der UNO mit Vertretern der Tabakindustrie verbietet, zu beenden.
Er behauptet, Unternehmen, die gut genug seien, dass Regierungen von ihnen hohe Steuern fordern, sollten gleichzeitig eine angemessene Möglichkeit bekommen, an Diskussionen über die Einschränkung gesundheitlicher Risiken oder anderen Probleme, die mit ihrer Unternehmenstätigkeit zusammenhängen, teilzunehmen. Deshalb hält er es für notwendig, dass die UNO ihre Einstellung von UNO zu Gesellschaften, die im Rahmen der Tabakindustrie tätig sind, überdenkt.
Im Allgemeinen vermeiden internationale Organisationen schon seit 2005 den Kontakt mit der Tabakindustrie. Damals trat die Rahmenkonvention der Weltgesundheitsorganisation (WHO) zur Tabakkontrolle in Kraft. Ihr Ziel war es den Gebrauch von Tabakprodukten einzudämmen. Die WHO bemühte sich wiederholt, Beweise vorzulegen, die sich auf die Dokumente der Tabakindustrie beziehen. In ihnen stand, dass gerade sie die Akteure aus diesem Sektor sind, die sich langfristig bemühen, das WHO-Bestreben nach Tabakkonsumkontrolle zunichte zu machen. Alle genannten Bemühungen waren laut WHO sehr präzise, gut finanziert und dazu noch kaum bemerkbar.
So lehnen die UNO und die WHO es ab mit Vertretern der Tabakindustrie in eine formelle Zusammenarbeit zu treten. Ein Beispiel ist auch die größte freiwillige globale Initiative der UNO Global Compact. Sie wurde 2000 auf Anregung des damaligen Generalsekretärs Kofi Annan gegründet. Ihr Ziel ist die Unterstützung des Partnerschaftsprinzips zwischen der UNO und dem Privatsektor. Langfristig lehnt sie jedoch ab, die Tabakgesellschaften trotz deren Interesse in diese Zusammenarbeit einzubinden.
In seinem Apell gibt Moller an, dass ein flächendeckender Ausschluss der gesamten Tabakindustrie von Diskussionen auf internationaler Ebene hinsichtlich der Probleme öffentlicher Gesundheit kontraproduktiv sein kann. Ein Grund dafür sind vor allem bestehende Ambitionen im Bereich der nachhaltigen Entwicklung bis 2030. Nach ihm können Ziele im Bereich der Gesundheit, der Armut oder des Umweltschutzes ohne eine Einbindung der Tabakgesellschaften nicht erfolgreich verfolgt werden.
Er ist ebenfalls davon überzeugt, dass die Tabakindustrie Arbeitsplätze schafft und in einer sehr spezialisierten Forschung die Minimierung der schädlichen Wirkung ihrer Produkte verfolgt. Im Rahmen einer besseren Zusammenarbeit könnte deutlich die Erhöhung von globaler Prosperität und Gesundheitsstandards erziel werden. Einer der Hauptinstrumente für eine nachhaltige Entwicklung wäre die Nutzung des innovativen Potenzials und der finanziellen Unterstützung durch die Gemeinschaft von Unternehmern zu deren wichtigen Mitgliedern auch die Tabakindustrie zählt.
Moller behauptet, er habe sein Appell auf der Basis von Outputs aus Diskussionen mit dem Generaldirektor der WHO und der Vertreterin des UNO-Generalsekretärs Amina J Mohammed formuliert. Nach seinen eigenen Worten habe diese ihn aufgefordert den Appell dem UNO-Generalsekretär vorzulegen. In ihrer Reaktion lehnt die WHO jegliche Zugeständnisse an die Tabakindustrie ab. Sie erklärt, dass zwischen den Interessen der Tabakindustrie und den politischen Zielen im Bereich der öffentlichen Gesundheit einen grundsätzlichen Widerspruch gibt. Deshalb kooperiere die WHO als einzige spezialisierte UNO-Agentur für Fragen der Gesundheit nicht mit der Tabakindustrie oder anderen nichtstaatlichen Akteuren, die deren Interessen vertreten. Die Politik der UNO steht nach den Äußerungen ihrer Vertreter voll im Einvernehmen mit der Einstellung der WHO. Bezüglich der Fragen einer möglichen Zusammenarbeit mit der Tabakindustrie plant sie zurzeit nichts zu ändern.
Ein wichtiges Ziel seines Appells ist nach Moller und seinen Mitarbeitern, die sich an der Vorbereitung beteiligt haben, eine effiziente Einbindung verschiedener relevanter Akteure gemeinsam eine nachhaltige Entwicklung zu erreichen. Es geht weder um eine Verbesserung der Position von Tabakgesellschaften oder einer Rechtfertigung ihres Verhaltens, noch um andere verdeckte Motivationen. Es soll eine Diskussion darüber eröffnet werden, wie man Prioritäten, die sich die UNO mittelfristig und langfristig gesetzt hat, besser erreicht.