Einer regulären Arbeit nachgehen zu können, ist für Flüchtlinge wichtig, um wirtschaftliche Unabhängigkeit zu erlangen und sich in die Gesellschaft zu integrieren. Gleichzeitig sind viele Menschen aufgrund der hohen Arbeitslosenquoten besorgt über die Möglichkeit einer stärkeren Konkurrenz am Arbeitsmarkt. Am Montag (30.5.) hat der Beschäftigungsausschuss zu diesem Thema einen Bericht verabschiedet. Vor der Abstimmung haben wir den Berichterstatter Brando Benifei (S&D) aus Italien interviewt.
Die Flüchtlingskrise hat zu weitreichenden politischen Veränderungen in Europa geführt und wird diesbezüglich weiterhin eine Rolle spielen. Welche Antworten liefert Ihr Bericht auf die wirtschaftlichen und sozialen Fragen, die von denjenigen aufgeworfen werden, die sich vom Flüchtlingszustrom bedroht fühlen?
Wir müssen die Integrationspolitik für Flüchtlinge unterstützen. Nur so können sie auch aktiv und produktiv zur Entwicklung der Aufnahmegesellschaft beitragen. Gleichzeitig darf jedoch kein Nachteil für andere schutzbedürftige Gruppen wie Menschen mit Behinderung, Arbeitslose oder Großfamilien entstehen. Wir fordern eine Erhöhung der finanziellen Mittel für die Sozialpolitik in Europa. Die Integration derer, die internationalen Schutz erhalten – und die Gewährung des internationalen Schutzes ist hier auch für uns als Menschen eine Verpflichtung im Sinne der Solidarität mit denen, die vor Krieg und Bedrohungen fliehen müssen – muss auf eine Weise geschehen, die weder zu Sozialdumping, noch zu Intoleranz oder dem Auseinanderdriften der Aufnahmegesellschaft führt. Die Krise hat viele Länder in Europa getroffen und die wirtschaftlichen Auswirkungen sind immer noch zu spüren. Maßnahmen zur Integration der Flüchtlinge dürfen keine Kürzungen der Unterstützung für andere Menschen in Schwierigkeiten nach sich ziehen. Das Leitmotiv für unsere Vorschläge lautet: Integration ist in der Tat eine große Herausforderung, sie stellt gleichzeitig aber auch eine Chance dar.
Es ist für Flüchtlinge sehr wichtig, einer Beschäftigung nachzugehen, um wirtschaftlich unabhängig zu sein und sich in die Gesellschaft zu integrieren. Welche Schwierigkeiten ergeben sich hier für Flüchtlinge?
Auch nachdem ihr Asylantrag bewilligt worden ist, stehen Flüchtlinge vor einer Reihe von Problemen: fehlende Sprachkenntnisse, das Problem der Anerkennung ihrer Qualifikationen und Kompetenzen, Diskriminierung, das Problem der Integration in ein Land, das sich manchmal sehr von dem Land unterscheidet, aus dem sie stammen. Es ist wichtig, diese Probleme effizient zu behandeln und frühzeitig aktiv zu werden. So können wir besser auf die Qualifikationen und Bedürfnisse der Flüchtlinge eingehen und sie mit Aus- und Weiterbildungsmaßnahmen unterstützen. In diesem Bericht gehen wir auch auf eine mögliche Überarbeitung der derzeitig gültigen Bestimmungen über den Zugang von Flüchtlingen zum Arbeitsmarkt ein. So fordern wir zum Beispiel, dass Personen, die internationalen Schutz beantragen, spätestens sechs und nicht wie bisher neun Monate nach dem Datum der Antragstellung Zugang zum Arbeitsmarkt in den EU-Mitgliedstaaten erhalten. Es ist wichtig, die Personen entsprechend den Anforderungen der Unternehmen auszubilden und sie dabei zu unterstützen, eine Arbeit zu finden, die ihren Kompetenzen und Qualifikationen entspricht.
Welche konkreten Maßnahmen sollten gesetzt werden, um die Integration von Flüchtlingen zu erleichtern?
Wir brauchen Sprachkurse und maßgeschneiderte Programme über die Arbeitsvermittlungsstellen. Neue Technologien können als Kommunikationsmittel eingesetzt werden. Hier gibt es zahlreiche Beispiele aus den Mitgliedstaaten, wo mobile Apps und Internetportale intelligent genutzt werden. Außerdem müssen wir administrative Hürden beseitigen: In der Bearbeitung der Asylanträge, wo es oft langsame und übermäßig bürokratische Verfahren gibt, als auch hinsichtlich der Vereinheitlichung und Vereinfachung der nötigen Unterlagen, um den Zugang zu Beschäftigung und Dienstleistungen bestmöglich zu gestalten. Damit Integration funktioniert, benötigen wir eine Überarbeitung der rechtlichen Instrumente sowie einen ausgewogenen Mix aus verschiedenen Maßnahmen, an denen alle betroffenen Akteure beteiligt sind.