Die Kommission hat ein eingehendes beihilferechtliches Prüfverfahren zur steuerlichen Behandlung von McDonald’s in Luxemburg eingeleitet. Sie vertritt die vorläufige Auffassung, dass Luxemburg McDonald’s durch einen Steuervorbescheid begünstigt und damit gegen EU-Beihilfevorschriften verstoßen hat.
Im Rahmen des eingehenden Prüfverfahrens wird die Kommission insbesondere untersuchen, ob die luxemburgischen Steuerbehörden von luxemburgischen Steuerrechtsvorschriften und Bestimmungen des zwischen Luxemburg und den USA geschlossenen Doppelbesteuerungsabkommens selektiv abgewichen sind und dadurch McDonald’s gegenüber anderen Unternehmen, die sich rechtlich und faktisch in einer vergleichbaren Lage befanden, einen Vorteil verschafft hat.
Die für Wettbewerbspolitik zuständige EU-Kommissarin Margrethe Vestager erklärte dazu: „Wenn McDonald’s per Steuervorbescheid bestätigt wurde, dass das Unternehmen weder in Luxemburg noch in den USA Steuern auf seine europäischen Lizenzeinnahmen zahlen muss, müssen wir diesen Bescheid einer genauen beihilferechtlichen Prüfung unterziehen. Doppelbesteuerungsabkommen sollen die doppelte Besteuerung in den betreffenden Ländern verhindern. Sie dürfen nicht als Rechtfertigung für doppelte Nichtbesteuerung genutzt werden.“
Die luxemburgischen Behörden haben McDonald’s Europe Franchising im Jahr 2009 zwei Steuervorbescheide erteilt, auf deren Grundlage das Unternehmen in Luxemburg seither trotz hoher Gewinne (im Jahr 2013 mehr als 250 Mio. EUR) keine Körperschaftsteuer entrichtet hat. Diese Gewinne stammen aus Lizenzgebühren, die Betreiber (Franchisenehmer) von McDonald’s-Restaurants in Europa und Russland für die Nutzung der Marke McDonald’s und damit verbundene Dienstleistungen zahlen müssen. Neben seinem in Luxemburg befindlichen Sitz, der für die strategische Ausrichtung zuständig ist, hat McDonald’s Europe Franchising zwei Filialen: eine in der Schweiz, die geringfügige Franchising-Tätigkeiten ausübt, und eine in den USA ohne echte Zuständigkeiten. Die von McDonald’s Europe Franchising vereinnahmten Lizenzgebühren werden unternehmensintern an die US-Filiale transferiert.
Nachdem die Kommission aus der Presse von Vorwürfen über eine steuerliche Begünstigung von McDonald’s in Luxemburg erfahren hatte, forderte sie im Sommer 2014 Informationen über Steuervorbescheide an. Später übermittelten Gewerkschaften der Kommission weitere Informationen. Im Rahmen ihrer bisherigen Untersuchung ist die Kommission zu der Auffassung gelangt, dass McDonald’s Europe Franchising insbesondere wegen des zweiten Steuervorbescheids seit 2009 sowohl in Luxemburg als auch in den USA praktisch keine Körperschaftsteuern auf seine Gewinne gezahlt hat. Dies war aus folgenden Gründen möglich:
- Im ersten Steuervorbescheid der luxemburgischen Behörden vom März 2009 wurde bestätigt, dass McDonald’s Europe Franchising keine Körperschaftsteuer in Luxemburg entrichten müsse, da die Gewinne in den USA steuerpflichtig sind. Grundlage dafür war das zwischen Luxemburg und den USA geschlossene Doppelbesteuerungsabkommen. Dem Steuervorbescheid zufolge musste McDonald’s jedes Jahr einen Nachweis dafür vorlegen, dass die über die Schweiz in die USA transferierten Franchisegebühren sowohl in der Schweiz als auch in den USA gemeldet und versteuert wurden.
- Entgegen der Annahme, auf die sich die luxemburgischen Steuerbehörden bei ihrem ersten Steuervorbescheid stützten, waren die Gewinne des Unternehmens jedoch in den USA nicht steuerpflichtig. Denn während McDonald‘s Europe Franchising nach der vorgeschlagenen Auslegung des luxemburgischen Rechts eine steuerpflichtige Filiale in den USA hatte, wurde diese nach US-amerikanischem Recht nicht als solche angesehen. Deshalb konnte McDonald’s den nach dem ersten Steuervorbescheid erforderlichen Nachweis dafür, dass die Gewinne in den USA steuerpflichtig sind, nicht erbringen (nähere Angaben unten).
- McDonald’s erläuterte dies in einem Antrag auf einen zweiten Steuervorbescheid und drängte darauf, dass Luxemburg die Gewinne von der Besteuerung in Luxemburg befreien sollte, obwohl sie in den USA nicht steuerpflichtig waren. Daraufhin erteilten die luxemburgischen Behörden McDonald’s im September 2009 einen zweiten Steuervorbescheid, nach dem das Unternehmen keinen Nachweis mehr für die Besteuerung in den USA erbringen musste. In diesem Steuervorbescheid wurde bestätigt, dass die Einkünfte von McDonald’s Europe Franchising in Luxemburg keiner Besteuerung unterliegen, selbst wenn sie in den USA de facto nicht steuerpflichtig sind.
Folglich akzeptierten die luxemburgischen Behörden mit diesem zweiten Steuervorbescheid, fast die gesamten Einkünfte von McDonald’s Europe Franchising von der Besteuerung in Luxemburg zu befreien.
Argumentation von McDonald’s gegenüber den luxemburgischen Steuerbehörden
In der Regel müssen Unternehmen Körperschaftsteuer auf die in einem Land erzielten Gewinne entrichten, wenn sie dort eine Betriebsstätte haben. Dafür muss das Unternehmen dort jedoch hinreichende Geschäftstätigkeiten ausüben.
In Gesprächen mit den luxemburgischen Steuerbehörden machte McDonald’s geltend, dass die US-Filiale von McDonald’s Europe Franchising eine Betriebsstätte nach Luxemburger Recht darstelle, da sie hinreichende Tätigkeiten ausübe, um als echte US-Betriebsstätte angesehen zu werden. Gleichzeitig machte McDonald’s jedoch geltend, dass seine US-Filiale nach US-Recht keine Betriebsstätte darstelle, da sie aus Sicht der US-Steuerbehörden keine hinreichende Geschäftstätigkeit in den USA ausübe.
Demgemäß wurde die US-Filiale von McDonald’s Europe Franchising von den luxemburgischen Steuerbehörden als der Ort anerkannt, an dem ein Großteil der Gewinne besteuert werden sollte, während die US-Behörden dies nicht anerkannten. Somit stimmten die luxemburgischen Behörden letztlich der Steuerbefreiung der Gewinne in Luxemburg zu, obwohl sie wussten, dass die Gewinne de facto in den USA nicht steuerpflichtig sind.
Gegenstand der Untersuchung der Kommission
Die Kommission wird nun näher untersuchen, ob ihre vorläufigen Bedenken zutreffen, dass insbesondere der zweite Steuervorbescheid dazu geführt hat, dass McDonald’s Europe Franchising unter Verstoß gegen die EU-Beihilfevorschriften steuerlich begünstigt wurde.
Die Kommission wird insbesondere prüfen, ob die luxemburgischen Steuerbehörden von luxemburgischen Steuerrechtsvorschriften und Bestimmungen des zwischen Luxemburg und den USA geschlossenen Doppelbesteuerungsabkommens selektiv abgewichen sind und dadurch McDonald’s gegenüber anderen Unternehmen, die sich rechtlich und faktisch in einer vergleichbaren Lage befanden, einen Vorteil verschafft hat. Bei der Untersuchung geht es nicht darum, das allgemeine Steuersystem Luxemburgs in Frage zu stellen.
Wenn ein förmliches Prüfverfahrens eingeleitet wird, erhalten sowohl der betroffene Mitgliedstaat als auch Beteiligte die Gelegenheit zur Stellungnahme. Das Verfahren wird ergebnisoffen geführt.
Hintergrund
Nach Artikel 107 Absatz 1 des Vertrags über die Arbeitsweise der Europäischen Union (AEUV) sind staatliche Beihilfen, die durch die Begünstigung bestimmter Unternehmen den Handel zwischen Mitgliedstaaten beeinträchtigen und den Wettbewerb zu verfälschen drohen, grundsätzlich mit dem EU-Binnenmarkt unvereinbar.
Steuervorbescheide sind in der Regel dann beihilferechtlich unproblematisch, wenn darin lediglich bestätigt wird, dass von Unternehmen ein und desselben Konzerns geschlossene Steuervereinbarungen mit den einschlägigen Steuervorschriften im Einklang stehen. Wenn Steuervorbescheide hingegen bestimmten Unternehmen einen selektiven Vorteil verschaffen, so dass diese subventioniert werden, können sie zu einer schwerwiegenden Verfälschung des Wettbewerbs im EU-Binnenmarkt führen und gegen die EU-Beihilfevorschriften verstoßen.
Die Kommission untersucht seit Juni 2013, wie Mitgliedstaaten das Instrument der Steuervorbescheide in der Praxis anwenden. Im Dezember 2014 dehnte sie die Untersuchung aus und richtete an alle Mitgliedstaaten Auskunftsersuchen. Im Oktober 2015 stellte die Kommission per Beschluss fest, dass Steuervorbescheide für Fiat in Luxemburg und für Starbucks in den Niederlanden den Unternehmen selektive Steuervorteile verschaffen, die gegen das EU-Beihilferecht verstoßen. Abgesehen davon führt die Kommission gegenwärtig drei weitere eingehende Prüfungen zu Steuervorbescheiden durch, die Apple in Irland, Amazon in Luxemburg sowie die belgische Steuerregelung für Mehrgewinne betreffen.